Der Gelbe Frauenschuh – die grösste wild wachsende Orchidee

Der Gelbe Frauenschuh ist die grösste einheimische Orchidee. Trotzdem ist er in der Schweiz sehr selten und gilt als gefährdet. Wie alle Orchideen steht er unter Naturschutz – ihn zu pflücken ist deshalb streng verboten.

Die letzte Wildpflanze des Gelben Frauenschuhs wurde 1993 in La Neuveville im Naturpark Chasseral gefunden. Deshalb wurde der Frauenschuh 2018 in Zusammenarbeit mit der Universität Neuenburg an zwei Standorten (Combe Grède und La Neuveville) wiederangesiedelt.

Botanisches Monitoring

Seit der Wiederansiedlung von 473 Exemplaren des Gelben Frauenschuhs im Jahr 2018 aus der Samenkultur mehrerer Schweizer Pflanzen führt der Naturpark Chasseral jedes Jahr im Juni ein Monitoring durch, um die Anzahl der wachsenden und blühenden Exemplare zu erfassen. Während die 1993 entdeckte Pflanze noch immer wohlauf ist, verschwindet leider jedes Jahr ein Teil der wiederangesiedelten Exemplare. 2023 kamen nur noch 214 Pflanzen aus dem Boden. Lediglich drei davon blühten.

Dieser Rückgang ist schwer zu erklären, und für Schlussfolgerungen ist es noch zu früh. Möglicherweise machen die wiederholten Trockenperioden dem Gelben Frauenschuh, der frische bis feuchte Böden bevorzugt, jedoch zu schaffen.

FORTPFLANZUNG DER ORCHIDEEN

Orchideen sind mehrjährige Pflanzen. Ihr unterirdischer Pflanzenteil verbleibt auch im Winter unter der Erde, wo er vor Kälte geschützt ist. Dank ihrer Reserven blühen wilde Orchideen im zeitigen Frühjahr und zeigen ihre farbenfrohen Blüten auf Wiesen oder in lichten Wäldern. Als Meisterinnen der Täuschung locken sie Insekten wie Wespen, Wildbienen, Hummeln, Fliegen und Schmetterlinge zur Bestäubung an. Die männlichen Insekten werden von den Farben, Formen oder auch dem Duft der Orchideen angelockt, lassen sich von der Ähnlichkeit mit einem Weibchen täuschen und versuchen, sich mit diesem Trugbild zu paaren. Dabei sammeln sie unwissentlich Pollen, die sie – ebenfalls unwissentlich – auf eine andere Orchideenblüte übertragen und so eine gegenseitige Befruchtung ermöglichen.

Nach der Bestäubung und damit der Befruchtung werden mehrere tausend Samen durch den Wind verbreitet, um neue Standorte zu besiedeln. Damit diese Samen keimen und sich entwickeln können, müssen sie mit bestimmten Pilzen eine Symbiose eingehen – die sogenannte Mykorrhiza. Ein sehr empfindlicher Lebenszyklus!

SCHUTZ DER ORCHIDEEN

Die Familie der Orchideen ist mit weltweit rund 28'000 Arten eine der grössten und artenreichsten im Pflanzenreich! In der Schweiz wachsen rund 70 Orchideenarten wild. Sie alle stehen unter Schutz, da die meisten vom Aussterben bedroht sind. Die Gefährdungsursachen sind vielfältig: Lebensraumzerstörung (Überbauung, Strassenbau, Meliorationen, Entwässerung, Düngung von Feuchtgebieten, touristische Erschliessung), Anpflanzung standortfremder Arten, unsachgemässe Böschungspflege (Mähen der Wegränder während der Vegetationsperiode), Sammeln und Zertreten.

Wie erkennt man eine Orchidee in der Natur?

Zuerst sollte man sich die Blätter ansehen: Bei Orchideen sind sie immer parallelnervig und unverzweigt. Falls vorhanden, betrachten Sie die Blüten, die meist zu kompakten Blütenständen gruppiert sind. Obwohl Orchideenblüten in Farbe und Grösse sehr unterschiedlich sind, sind sie alle gleich aufgebaut: Sie haben sechs Blütenteile und eine zweiseitige Symmetrie – also nur eine Symmetrieachse, die die Blüte in zwei Hälften teilt (im Gegensatz zu Gänseblümchen, Ranunkeln oder Rosen, die mehrere Symmetrieachsen haben). Ein Blütenteil ist oft zu einem Sporn verlängert, der manchmal Nektar für bestäubende Insekten enthält.

Wer wilde Orchideen entdecken will, sollte zwischen April und Juni Grasböschungen, Magerwiesen und Waldränder absuchen.

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